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07.07.11 12:13 Alter: 12 yrs

Resolution des Landes OÖ zu Einführung der gemeinsamen Obsorge

 

Bericht

des Sozialausschusses

betreffend die

Einführung der gemeinsamen Obsorge

[Landtagsdirektion: L-420/12-XXVII,

miterledigt Beilage 48/2009]

Seit 1. Juli 2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die "Obsorge beider Elternteile" im Falle

einer Scheidung freiwillig zu vereinbaren. Diese Regelung wurde im Jahr 2005 einer Evaluierung

unterzogen. Die Evaluierungsstudie des Bundesministeriums für Justiz brachte unerwartete

Ergebnisse. Die neue Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge wurde im Untersuchungszeitraum in

über 53 % der Fälle in Anspruch genommen. Positive Auswirkungen sind vor allem die schnellere

Beruhigung des Konfliktniveaus, weniger Konflikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe

Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häufigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt

lebenden Elternteil, eine zehn mal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Obsorge, der

getrennt lebende Elternteil übernimmt quantitativ und qualitativ mehr elterliche Aufgaben und

Verantwortung, mehr Austausch zwischen den getrennt lebenden Eltern, positive Auswirkungen

auf die Zahlung des Kindesunterhalts (pünktlicher, Höhe wird eher als angemessen erlebt, etc.).

Am 3. Dezember 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (22028/04)

ausgesprochen, dass das Abhängigmachen des Sorgerechts für unverheiratete Väter von der

Zustimmung der Mütter dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.

Da im Vordergrund jeder Obsorgeregelung das Wohl des Kindes steht, ist die gemeinsame

Obsorge mit begleitenden Maßnahmen zu ergänzen, um einem etwaigen Konfliktpotenzial bereits

im Vorfeld entgegenzuwirken. Derartige Maßnahmen wären eine einzurichtende

Schlichtungsstelle, verpflichtende Beratung, Mediation, Konfliktlösungstherapie, gemeinsame

Gespräche, Stärkung der Elternbildung - vor allem hinsichtlich der Reflektion über die Beziehung

selbst und der Verantwortung der Eltern gegenüber dem Kind.

Erst wenn auch dadurch keine Einigung erzielt werden kann, soll das Verfahren vor Gericht geführt

werden. Für die Gerichte soll ebenfalls die Festsetzung der gemeinsamen Obsorge geschaffen

werden. Damit wird das Interesse des Kindes verstärkt in den Vordergrund gerückt, was

konfliktmindernd wirken kann.

 

Der Sozialausschuss beantragt, der Oö. Landtag möge beschließen:

Die Oö. Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung dafür einzutreten, dass

diese jene gesetzlichen Grundlagen veranlasst, welche die Beibehaltung der Obsorge

beider Elternteile im Falle der Trennung als gesetzlicher Regelfall vorsieht, sofern dies nicht

im Widerspruch zum Kindeswohl steht. Wird ein Einspruch eines Elternteils erhoben, so

sollen eine - noch einzurichtende - Schlichtungsstelle oder andere geeignete Angebote die

Elternteile beim Finden einer Obsorgeregelung unterstützen. Kommt es dennoch zu keiner

gütlichen Einigung, dann soll eine Obsorgeregelung durch das Gericht gefunden werden,

wobei dem Gericht auch die Möglichkeit eingeräumt werden soll, die gemeinsame Obsorge

beizubehalten. Bei einer Trennung von nicht ehelichen Gemeinschaften, bei denen bereits

beide Partner hinsichtlich ihrer gemeinsamer Kinder obsorgeberechtigt waren, soll die

Beibehaltung der Obsorge analog geregelt werden.

Linz, am 30. Juni 2011

Dr. Aichinger

Wall

Obmann-Stellvertreter

Berichterstatterin

 


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